- Besuch des Kollegiums St. Michael
- Musikalische Rendez-vous
- Der Umzug des Sankt Nikolaus und seinen Schmutzlis
- Die Rede des Sankt Nikolaus
- Sankt-Nikolaus-Feiern im übrigen Kanton Freiburg
- Advents- und Weihnachtsmärkte im Kanton Freiburg
- Krippenweg in Estavayer-le-Lac
Sankt Nikolaus, aus der Geschichte der Stadt Freiburg ist er nicht wegzudenken. Sankt Nikolaus oder Saint Nicolas ist von den vielen Heiligen, die sich im katholischen Freiburg versammeln, den Einheimischen der liebste. Schutzpatron des Kantons Freiburg, der Stadt Freiburg/Fribourg und der nach ihm benannten Kathedrale gilt er in weiten Teilen der Welt auch als Beschützer der Kinder.
Freiburg widmet ihm alljährlich am ersten Wochenende im Dezember ein grosses Fest. Das Fest des Sankt Nikolaus ist ein Volksfest, ein unabdingbares Rendez-vous für die ganze Stadt. Gross und Klein sind her, Weggezogene kehren zurück, ehemalige Studierende vereinen sich am Ort ihrer Jugend, Neuzuzüger nutzen die Chance sich zu integrieren, und Besucherinnen und Besucher staunen. Wo sonst gibt es ein Stadtfest, das als Fixstern im Jahreskalender alle anderen Feiertage überstrahlt?
Organisiert wird es seit 1906 von Studierenden des Kollegiums St. Michael, einem der drei traditionsreichen Gymnasien der Stadt. Der Heilige Michael … aber das ist eine andere Geschichte.
Nachdem ich jahrelang die Geschichten, Anekdoten und Schwärmereien von der Sankt-Nikolaus-Feier gehört habe, mache ich mich endlich mal auf nach Freiburg, an diesem ersten Samstag im Dezember. Natürlich passt es, dass sich die Altstadt klipperkalt präsentiert. Warm anziehen ist kein Geheimtipp, sondern definitiv Pflicht! Der Nachmittag wird lang, der Weihnachtsmarkt Freiburg und das meiste andere findet unter freiem Himmel statt.
Das sind die Höhepunkte, die das Warten auf den grossen Moment so schön stimmig ausfüllen:
Besuch des Kollegiums St. Michael
Schafweide. Weiss, Beige, Braun, Dunkelbraun: Vierbeiner aller Haut- … äh Fellfarben stecken die Köpfe zusammen und fressen einvernehmlich das Heu und die letzten Gräslein des vergangenen Herbstes. Sehr schön inszeniert und wohl ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl oder eben mit dem Schaffell!
Weihnachtsmarkt des Kollegiums St. Michael. Rund 60 Stände mit hübschen rot-gelben Dächern gruppieren sich im Hof und locken auf einen Streifzug. Die Schülerinnen und Schüler präsentieren Gebasteltes, Gestaltetes und vor allem Gebackenes und buhlen um die Gunst der Marktbummelnden. Die Einnahmen gehen in den Topf für eine Projektwoche oder die Abschlussreise der Klassen. Unterstützenswert!
Tasse. Die «Santikloustassli» entstehen seit 2014 jedes Jahr mit neuem Design und in einer anderen Farbe. Das Logo im Inneren und der Markenname am Boden der Tasse bleiben, schliesslich möchten die Initiantinnen eine Serie aufbauen. Neben mir kauft ein jüngerer Mann, Typ Businessman, die diesjährige Ausgabe. Er habe schon eine ganze Reihe auf dem Gestell. Natürlich ist er ein Ehemaliger, natürlich braucht er die Tasse nicht wirklich, aber irgendwie muss er sie einfach trotzdem haben, das gehört zur Tradition. Vielleicht hilft sie, sich für immer jung zu fühlen? Das beliebte Sammelobjekt kostet 6.- Franken.
Sankt-Nikolaus-Kinderbuch. Am selben Stand verkauft Elodie Lebreton-Noblet das Kinderbuch «L’Ange fribourgeois & Saint Nicolas». Sie hat es selbst geschrieben, es ist wunderschön illustriert, und das Vorwort hat der stadtbekannte Strassenkehrer und Philosoph Michel Simonet beigesteuert. Die Geschichte dreht sich um Saint Nicolas, der als Freund aller Kinder einem behinderten Jungen zur Inklusion verhilft. Das Buch (24.- Franken) verkauft sich wie «warme Weggli», an allen Nicht-Sankt-Nikolaus-Tagen etwa im Tourismusbüro der Stadt Freiburg an der Place Jean-Tinguely 1.
Bio-Bergsuppe. Das traditionsreiche Freiburger Sennen-Gericht ist perfekt für diesen Wintertag in der Stadt. In zwei grossen Kupfer-Chessi, die wohl einst fürs Holzfeuer im Alp-Chalet konzipiert wurden, blubbert die legendäre «Soupe du Chalet». Auch das heimelige Knistern und der unumgängliche Rauch vom Holzfeuer fehlen nicht. Gemüse, Hörnli, Rahm und Käse verschmelzen zu einem sämigen Leib-und-Seele-Wärmer. Das muss man probieren! Und vielleicht mal zuhause selbst kochen? Hier das Rezept.
Das Personal am Bergsuppen-Stand ist hochkarätig: Schulleitung und Lehrpersonen des Kollegiums St. Michael. Ich fasse mein Depot-belastetes Mehrweg-Schüsseli, eine Scheibe Brot und einen grossen Brocken des Alpkäse Gruyère AOP und wage mich, obwohl keine Ehemalige des Kollegiums, ins Iglu der Alumni. An Stehtischen löffelt man dort die Suppe und kommt ins Gespräch. Zwei Besucherinnen aus dem Sensebezirk schwelgen in Erinnerungen an ihre Zeit hier und teilen diese mit mir. Matura vor 40 Jahren, weisst Du noch? Vieles hat sich geändert seither, nicht aber die Bedeutung und die Geschichte rund um die Sankt-Nikolaus-Feier.
Hier und jetzt wird auch die Figur des Sankt Nikolaus näher erörtert. Welcher Student wurde dieses Jahr auserkoren, ins weiss-goldene Kostüm des Stadtheiligen zu schlüpfen und die ehrenvolle Hauptrolle zu verkörpern? Es gibt ein Gremium, welche die Anwärter aus den höheren Klassen einem Eignungstest unterziehen. Französisch, Deutsch, Aussprache, tragfähige Stimme und allenfalls weitere Meriten? Im Dezember 2022 wurde etwa gemunkelt, es sei der Sohn eines landesweit bekannten Schweizer Spitzenbeamten …
Garten des Sankt Nikolaus. Der sogenannte Ehrenhof hinter dem Hauptgebäude ist ein halb-versteckter Ort voller Magie. Umrahmt von den würdevollen Schulbauten und mit alten Bäumen bestanden, bildet der Garten eine wunderbare Aussichtsterrasse. Man überblickt die Altstadt mit der St. Nikolaus-Kathedrale und der nahen Kirche Notre Dame, aber auch die Mäanderschlaufe der Saane und die mittelalterlichen Stadtbefestigungen. Von hier kann oder könnte man via die steilen, gedeckten Escaliers du Collège direkt in die Rue de Lausanne hinuntersteigen.
Doch heute will man hierbleiben. Kleine Kinder freuen sich auf eine Runde auf einem der geduldigen Eselchen … sind diese doch – nebst Knecht Ruprecht oder den Schmutzlis – bekanntlich die treuen Gefährten des Sankt Nikolaus. Und dann gilt es, entlang des «Chemin de Saint Nicolas» vier Rätsel zu lösen und danach die Belohnung in Form eines duftenden Lebkuchens zu kassieren.
Die Plakatausstellung im Ehrenhof zeigt übrigens die Sujets der Sankt-Nikolaus-Karte der vergangenen Jahre. Das Sujet jeden Jahres wird aus den Werken der Studierenden ausgewählt und als Karte produziert. Jede Schülerin und jeder Schüler muss mindestens 12 Stück verkaufen. Der Erlös wird einem guten Zweck zugewiesen.
Musikalische Rendez-vous
Wohlklingende Zuhörpausen während des Wartens auf den grossen Auftritt des Sankt Nikolaus organisiert das Freiburger Vokal-Ensemble L’Accroche-Choeur. Zwischen 9.30 Uhr und 16.00 Uhr laden sie Chöre und Gesangsvereine zu halbstündigen Konzerten in die Kirche des Kollegiums St. Michael und in die Franziskanerkirche (Murtengasse 6) ein. Vom frisch-fröhlichen Kinderchor mit entsprechend viel Jöh-Effekt über beeindruckende gemischte Chöre bis zur hochkarätigen Formation professioneller Sängerinnen und Sänger beschenken sie die Zuhörerschaft mit Weihnachtsliedern.
Im Dezember 2022 waren es etwa 90 verschiedene Weihnachtslieder, die von 22 Chören vorgetragen wurden. Welche Vielfalt an weihnächtlichem Gesang! In den wunderbaren Kirchenbauten kann sich die Klangwolke hoch erheben und sich über den versammelten Menschen absenken und diesen ihre wohltuende Wirkung angedeihen lassen.
Der Umzug des Sankt Nikolaus und seinen Schmutzlis
Nach 16.00 Uhr ist es Zeit, sich einen aussichtsreichen Platz mit Sicht auf das Hauptspektakel zu sichern, den Umzug. Vielleicht noch ein Glühwein vom Sankt-Nikolaus- oder Weihnachtsmarkt Freiburg? Dann beziehe ich Stellung auf der Dachterrasse des Café des Arcades. Ich spreche eine Frau an, die wie ich das zunehmende Gewusel auf der Place des Ormeaux unter uns und auf dem Liebfrauenplatz überblickt und wartet. Sie spräche nur Englisch, sagt sie mit Bedauern. Sie sei Ukrainerin und zusammen mit ihren Kindern vom Krieg geflüchtet. Auch in ihrer ukrainischen Heimatstadt sei das Sankt-Nikolaus-Fest ein Höhepunkt und insbesondere von Kindern sehnsüchtig erwartet. Sie sei natürlich wehmütig, aber auch dankbar, hier sein zu können und ihren Kindern einen Nikolaus-Moment bescheren zu können.
Diese zufällige Begegnung bestätigt schön die Geschichte des Sankt Nikolaus von Myra, der sich im 4. Jahrhundert als Bischof von Myra (in der heutigen Türkei) durch grosse Nächstenliebe auszeichnete. Als Schirmherr auch der Kinder gehört Sankt Nikolaus im Morgen- wie im Abendland zu den beliebtesten Volksheiligen. Im Kanton Freiburg und seiner Hauptstadt ist das sehr beispielhaft auch der Fall! Und Knecht Ruprecht, hier Schmutzli genannt, ist ebenfalls wenig furchteinflössend.
17.00 Uhr! Die Spannung steigt unter den Zehntausenden von Wartenden. Jetzt bei Einbruch der Dunkelheit ist der Moment, an dem der Sankt Nikolaus auf seinem Esel Balou – ja, das ist der Nachfolger von Babalou – das Kollegium St. Michael verlässt, um die Menschenmenge zu begrüssen und zu segnen.
Die Route des Umzugs ist folgende:
- Kollegium St. Michael
- Rue de Romont
- Rue de Lausanne
- Rue du Pont Muré
- St. Nikolaus-Kathedrale mit Ansprache vom Balkon
- Rue de Lausanne
- Kollegium St. Michael
Der Umzug des Sankt Nikolaus mit seinen Schmutzlis (anderswo Knecht Ruprecht genannt) und seiner Truppe mit Eseltreibern, Kantor, Träger des Bischofsstabs und Metzger kommt nur langsam voran. Denn auf der ganzen Strecke verteilt Sankt Nikolaus Lebkuchen, grüsst und segnet die Menschen.
Hörbar ist der Trupp hingegen schon von weitem. Pfeifer und die Chöre St. Michael, Les Marmousets, Les Enchanteurs und die Musikgesellschaft des Kollegiums St. Michael begleiten den Umzug Richtung Kathedrale und künden ihn an. Wird der Schutzheilige auf seinem Esel Balou endlich sichtbar, erheben sich vielstimmige Willkommensgrüsse zu einer freudigen Klangwolke. Endlich ist er hier!
Die Rede des Sankt Nikolaus
Dann geht es schnell. Er verschwindet in der Kathedrale und erscheint wenig später auf dem Balkon über dem Hauptportal. Von hier aus richtet er sich ans Volk, seine satirische und unzensurierte Ansprache auf Deutsch und Französisch orientiert sich jeweils an den Geschehnissen des vergangenen Jahres auf der Welt und in Freiburg. Das tönt dann so: «Mes bien chers enfants! Quel bonheur de vous retrouver si nombreux! Meine lieben Kinder! Welch ein Glück, Euch so zahlreich wiederzusehen!» Die Freiburger Zeitung La Liberté hat einen Grossteil der Rede vom 3. Dezember 2022 wiedergegeben. Radio Freiburg überträgt die Rede jeweils live (am 1. Samstag im Dezember, um ca. 18.15 Uhr).
Nach der Ansprache verflüchtigt sich die Menschenmenge recht schnell, denn es ist kalt. Als Nicht-Einheimische verlasse ich Freiburg mit bleibenden, schönen Eindrücken.
Für die Freiburgerinnen und Freiburger schlägt die Stadt vor, das Sankt-Nikolaus-Fest am Sonntag zwischen 10.00 und 18.00 Uhr im Burgquartier fortzusetzen. Auf dem Programm stehen ein Eintauchen in die Geschichte und die Legenden rund um den Heiligen Nikolaus, eine grosse Lebkuchenjagd durch das Burgquartier, eine Reise in das breitgefächerte Umfeld der Worte, der Sprachen, der Spiele, der Zeichnungen, der Örtlichkeiten, der Musik, des Gesangs und noch vieles mehr … alles kostenlos, denn es ist ein Festtag!
Praktische Informationen – etwa zur Anreise – gibt es auf der offiziellen Sankt-Nikolaus-Webseite.
Sankt-Nikolaus-Feiern im übrigen Kanton Freiburg
Sankt-Nikolaus, der Schutzheilige des Kantons Freiburg, wird übrigens nicht nur in der Hauptstadt Freiburg gefeiert, sondern auch in weiteren Ortschaften:
Advents- und Weihnachtsmärkte im Kanton Freiburg
Nebst den Sankt-Nikolaus-Feiern erwartet man im Kanton Freiburg sehnsüchtig auch die zauberhaften Advents- und Weihnachtsmärkte. In den Städten Freiburg, Bulle, Gruyères, Romont, Estavayer-le-Lac und Murten ebenso wie in den Dörfern Jaun, Alterswil oder Münchenwiler. An liebevoll gestalteten Ständen stöbert man nach Handgemachtem, lokalen Spezialitäten und aussergewöhnlichen Geschenken. Da und dort kommt ein richtiges Veranstaltungsprogramm dazu.
Das Beispiel des Weihnachtsmarktes Jaun (1. – 3. Dezember 2023) im charmanten, deutschsprachigen Dorfes der Region La Gruyère sei hier stellvertretend aufgeführt:
- Von Freitag bis Sonntag gibt es die Krippe der Kirche sowie Schafe auf dem Marktplatz zu bestaunen, Raclette und Bratwürste zum Essen, aber auch einen Bastelwettbewerb für Kinder zum Thema «Weihnachtsbaumschmuck». Die Preisverleihung findet dann am Sonntag um 16.00 Uhr statt.
- Am Samstag um 17.00 Uhr wird in der Kirche Jaun ein Krippenspiel aufgeführt,
- und um 18.30 Uhr treten die Purpelbuebe im Saal auf.
- Am Sonntag um 14.00 Uhr lauscht man im Saal den Kinderjodlern «de Bärge zue Jaun».
Krippenweg in Estavayer-le-Lac
Wer poetischen Winterzauber in einer romantischen Altstadt sucht, ist in Estavayer-le-Lac goldrichtig. Vom 26.11.2023 bis 14.1.2024 lockt in den kopfsteingepflasterten Gassen der Krippenweg. Während eines gemütlichen Spaziergangs lassen sich 88 liebevoll gestaltete Krippen und gleich auch noch den Weihnachtsmarkt von Estavayer-le-Lac entdecken.
Zudem wartet mit der 140 m² grossen «Weihnachtskrippe der fünf Sinne» ein besonderes Erlebnis auf Gross und Klein (ebenfalls vom 26.11.2023 bis 14.1.2024). Raffinierte Animationen und multisensorische Interaktionen der Besuchenden erwecken die fast 1000 Terrakotta-Figuren in der Spitalkapelle zum Leben. Da ist man mittendrin!
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